Borreliose Selbsthilfegruppe Oranienburg

Willy Burgdorfer, Entdecker der Lyme-Krankheit verstorben

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New York Times - 19. November 2014
Von Willian Yardley


Willy Burgdorfer, ein medizinischer Entomologe, identifizierte 1982 die Ursache der Borreliose, die seither als mysteriöses Leiden gilt. Er starb am vergangenen Montag in einem Krankenhaus in Hamilton. Burgdorfer wurde 89 Jahre.

Ursprünglich stand bei Burgdorfer die Suche der Ursache von der Parkinson-Krankheit im Vordergrund, sagte Tom Schwan, ein langjähriger Kollege von Burgdorfer in den Rocky Mountain Laboratories des National Institute of Allergy and Infectious Diseases in Hamilton.

Die Lyme-Krankheit (Borreliose) trägt ihren Namen nach einer Region in Connecticut, wo es in den 1970er Jahren in den Städten Lyme, Old Lyme und East Haddam eine Reihe charakteristischer Krankheitsfälle gab. Zahlreiche Menschen in der Region, insbesondere Kinder hatten Hautausschläge, Fieber, geschwollene Gelenke und manchmal schwerwiegendere Symptome entwickelt. Schon früh wurde das Leiden Lyme-Arthritis genannt. Es dauerte nicht lange, bis Wissenschaftler einen Zusammenhang zu dem Vorhandensein von Zecken vermuteten.

Viele der betroffenen Kinder lebten in bewaldeten Gebieten, nachdem sie von Zecken gestochen wurden und Ausschläge entwickelten. Die Fälle häuften sich östlich des Connecticut Rivers, wo es mehr Rehe und Hirsche gab. Viele Laborstunden wurden auf die Überprüfung verwendet, ob die Rehe und Hirsche über die Zecken selbst ein Virus verbreiteten. Aber es konnte kein Virus nachgewiesen werden. Es musste eine andere Erklärung für die Krankheit geben.

Dr. Burgdorfer wuchs in Basel / Schweiz auf, zog nach Hamilton und spezialisierte sich 1951 auf sein Spezialgebiet: die akribische Untersuchung von Zecken und der durch sie verbreiteten Krankheiten. Hamilton, eine kleine Stadt im „Bitterroot Valley“ ist seitdem auch Sitz bedeutender Institute, die sich mit Zecken befassen und 1906 auch die Verbreitung des Fleckfiebers in den Rocky Mountains untersuchten.

In den frühen 1980er Jahren beschäftigte sich Burgdorfer mit Zecken aus Long Island, die verdächtigt wurden, das Fleckfieber verursacht zu haben. Hier stießt Burgdorfer auf etwas Unerwartetes unter seinem Mikroskop: es waren Spirochäten, kleine Krankheitserreger, die spiralförmig wie Korkenzieher aussahen. Sie konnten aus einem Körperteil der Zecken, dem mittleren Rumpf extrahiert werden. Burgdorfer untersuchte sie anschließend in der Graduiertenschule.

"Sobald meine Augen sich auf diesen langen, schlangenartigen Organismus konzentrierten, erkannte ich, was ich eine Million Mal zuvor schon gesehen hatte: Spirochäten!" - schrieb Willy Burgdorfer in einem 2001 für „Oral History“ veröffentlichten Artikel des National Institute of Health, dem Nationalen Institut für Allergien und Infektionskrankheiten.

Burgdorfer hatte seine Arbeit zunächst nicht auf Borreliose ausgerichtet, doch sein Kontakt zu dem Forscher Dr. Allen Steere von der Yale-Universität hat die Entdeckung der Borreliose letztlich gefördert. Nachdem Burgdorfer erkannte, wie die von Zecken übertragenen Spirochäten sich in der Region Long Island konzentrierten, erkannte er schnell, dass diese Bakterien auch über die Rotwild-Zecken verbreitet worden sein könnten. Insofern war davon auszugehen, dass deren Rolle auch bei der Lyme-Borreliose in anderen Regionen einschließlich Long Island eine Rolle spielten.

Zecken von Wildtieren brachte man bis dahin nicht mit der Übertragung von Spirochäten in Verbindung, aber die Untersuchungen bestätigten das letztlich. Im Jahre 1982 berichteten Dr. Willy Burgdorfer und Kollegen über ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Science.

Dr. Burgdorfer selbst erwähnte gelegentlich, dass seine Entdeckung mehr dem Zufall geschuldet war und letztlich nur aufgrund seiner dreißigjährigen Erfahrung in der Untersuchung von Zecken möglich wurde. Ein anderer medizinischer Entomologe sagte über Willy Burgdorfer in Anlehnung an ein Zitat von Louis Pasteur „Der Zufall begünstigt den vorbereiteten Geist“.

Wilhelm Burgdorfer wurde am 27. Juni 1925 geboren als Kind der Eltern Karl und Else Burgdorfer. Er erhielt seinen Bachelor- und Doktorgrad an der Universität Basel und dem Schweizerischen Tropeninstitut in Basel, wo er sich auf die Zoologie, Parasitologie und Bakteriologie spezialisierte.
Er hinterlässt seine Frau Lois, seine Söhne, Bill und Carl, zwei Enkelkinder und seinen Bruder Karl. Seine erste Frau Gertrude See, mit der er mehr als 50 Jahre verheiratet war, starb im Jahr 2005. Ein weiterer wissenschaftlicher Wegbegleiter, der an der Arbeit von Steere in Yale beteiligte Borreliose-Experte Stephen E. Malawista, starb im vergangenen Jahr.

Im Jahr 1951 erhielt Willy Burgdorfer ein Stipendium der United States Public Health Service, um in dem renommierten Hamilton-Labor zu arbeiten. In den 30 Jahren, bevor er die Ursache der Lyme-Borreliose entdeckte, verbrachte er einen Großteil seiner Zeit mit dem Studium des Rocky-Mountains-Fleckfieber, einem rezidivierenden Fieber, sowie der Pest und anderer Krankheiten, die durch blutsaugende Insekten, einschließlich Zecken, Mücken und Flöhen verbreitet werden können.

Das „Center for Disease Control and Prevention“ schätzt, dass in den USA bei etwa 300.000 Menschen jährlich die Lyme-Krankheit diagnostiziert wird. Eine große Mehrheit der gemeldeten Fälle befinden sich im Nordosten und mittleren Westen. Lyme-Borreliose kann in der Regel erfolgreich mit Antibiotika behandelt werden, aber nicht immer, und sie kann weiterhin zu Schäden und Leiden über Monate oder sogar Jahre nach der Erstbehandlung führen. Ein Impfstoff wurde erstmals in Yale 1998 genehmigt, aber im Jahr 2002 vom Markt genommen.

Die Kenntnis der Bedeutung von Zecken hat auch die Bemühungen um Prävention vor Lyme und anderen durch Zecken übertragene Krankheiten befördert. „Wenn die Menschen lernen, wie Zecken erkannt und entfernt werden, dann sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung“, sagte Dr. Burgdorfer im Jahr 2001.

Im Jahr 1986 ging Willy Burgdorfer offiziell in den Ruhestand. Er bekam zahlreiche Auszeichnungen sowie andere Formen der Anerkennung.

Das Bakterium, das die Lyme-Krankheit verursacht hat, wurde ihm zu Ehren als „Borrelia burgdorferi“ benannt.

Korrektur:
In einem Nachruf vom 22.11.2014 wurde die Reaktion der Krankheit auf die Behandlung fehlerhaft formuliert. Es besteht ein Fachstreit über die Wirksamkeit der derzeitigen Behandlungen, doch die meisten Patienten erholen sich nach dem Einsatz von Antibiotika. Die Behauptung, dass es generell keine Heilung gäbe, ist nicht zutreffend.


Original-Beitrag der New York Times
Übersetzt von Jörg Rehmann am 22.11.2014